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Hohenegg.ch


Tages-Anzeiger – Samstag, 5. November 2011 Mit Daniel Hell
Schwarzer Humor inspiriert sich an sprach Jean-Martin Büttner, Meilen
schwarzen Gedanken, macht diese aber auch erträglicher. Ausserdem sind krea- tive Menschen besonders sensibel, weil Die Nächte werden länger,
sie sich immer wieder neu finden müs- die Tage kälter. Warum reagieren
sen. Wer aussergewöhnlich lebt, geht Menschen darauf schwermütig?
über ein sehr hoch gespanntes Seil. Aus Mangel an Licht. Sonne und Wärme Gerät er aus dem Gleichgewicht, fällt er sind Kraftspender, man sieht das bei entsprechend tief.
vermitteln häufig den Pflanzen und Tieren. Auch beim Menschen verlangsamt sich im Winter Warum gibt es keine glückliche
der Organismus, die Stimmung wird Kunst? Warum sind Selige so schwer
ruhiger, bei gewissen Menschen wird zu ertragen?
sie auch dunkler. Etwa zwei Prozent der Weil das Leiden das grössere spezifische Bevölkerung leiden an saisonalen De- Gewicht hat. Das Leiden ist ein Auf- pressionen, die im November einsetzen schrei, der nach einer Reaktion ver- und mit dem Frühling ausklingen. Sie langt. Wer leidet, wird zum Suchenden. treffen mehr Frauen als Männer.
Das Leiden ist ein Prozess, das Glück ein Zustand. Sich danach zu sehnen, ist Was raten Sie ihnen?
in der Beschreibung viel interessanter, Der Psychiater Daniel Hell sagt, viele Depressionen seien Spazieren, Sport treiben; so viel Sonne als es zu erleben.
oder Licht aufnehmen wie möglich, wie der Winter: eine dunkle Zeit, die sich wieder aufhellt.
wenn nötig auch mit Speziallampen.
Depression sei eine Wohlstands-
krankheit, hört man: Arme
Werden Menschen im Norden
Menschen kämen gar nicht dazu,
häufiger depressiv als im Süden?
sich niedergeschlagen zu fühlen.
Die Resultate sind nicht einheitlich. In Das stimmt nicht und entwertet sowohl den USA trifft das zu, in Europa weniger. die Krankheit, wie es die Folgen der Ar- Das hängt damit zusammen, dass es mut verharmlost. Menschen in sehr ar- viele Formen der Depression gibt und men oder kriegsversehrten Ländern lei- dass psychische Krankheiten viel mit den besonders häufig an Depressionen. der Gesellschaft zu tun haben, in der sie Eine gross angelegte Studie der Welt- gesundheitsorganisation kam zum Schluss, dass Zimbabwe das Land ist, in Einen melancholischen Regisseur
dem am meisten depressive Menschen wie Kaurismäki kann man sich in
leben. In einer Diktatur also, in der Italien ebenso wenig vorstellen wie
Hunger und Arbeitslosigkeit herrschen einen schwedischen Fellini.
und es keine Hoffnung gibt.
Das mag sein, aber die umgangssprach- liche Melancholie ist keine Depression. Hat die Depression
Ich würde sie als eine Art traurige Be- auch eine positive Seite?
sinnlichkeit bezeichnen. Der Melancho- Depressionen vermitteln häufig eine liker ist nicht depressiv, denn er spürt ja Botschaft. Sie machen klar, dass es so seine Traurigkeit. Melancholie ist eine nicht weitergehen kann, dass jemand Stimmung, ein Lebensgefühl; Depres- überfordert ist oder nicht loslassen kann. sion ist eine Störung.
Je schlimmer die Depression, desto drängender ihre Botschaft. Viele meiner Eine schwere Depression,
Patientinnen und Patienten haben mir sagen Sie, sei eine nicht zugelassene
später gesagt, die Depression habe ih- nen geholfen, ihr Leben zu ändern.
Das mag überraschen, weil man Depres- sion gemeinhin mit Trauer in Verbin- «Für Depressive dung bringt. Aber schwer depressive Menschen können keine Traurigkeit mehr fühlen, sie leiden am Fehlen von Gefühlen: Sie erstarren. Trauer dagegen ist ein emotionaler Prozess, die Ver- arbeitung eines Verlusts. Eine Depres- besonders schwer sion entsteht oft dann, wenn Menschen ihre Trauer nicht zulassen und damit auch nicht überwinden können. Depres- siv zu sein heisst: keine Freude zu emp- finden, keinen Antrieb mehr zu haben, Nun ist die Depression
keinerlei Kraft. Eine Depression fühlt auch ein Geschäft.
sich an wie ein Winter ohne Frühling. Dass sie als psychische Krankheit an- Glücklicherweise geht bei vielen Patien- erkannt wird, hat tatsächlich einiges mit ten der Winter einmal zu Ende.
der Pharmaindustrie zu tun. Denn da- durch vergrössert sich der Absatzmarkt Depression heisst also:
für deren Medikamente. Die neuen Anti- einen Verlust nicht zu akzeptieren.
depressiva wirken spezifischer, aber Ja, ein misslungener Trauerprozess kann auch sie haben Nebenwirkungen. Am eine Depression auslösen.
besten wirken sie bei schweren Depres- sionen. Mich stört, dass sie in leichteren Sigmund Freud glaubte, Depression
Fällen zu oft angewandt werden, bei sei nach innen gekehrte Wut.
denen eine Psychotherapie nachhaltiger Ich würde eher von Schuldgefühlen re- wirkt. Je grösser der Druck wird, Men- den, wobei diese Gefühle mittlerweile schen wieder arbeitsfähig zu machen, seltener vorkommen; Depressive emp- desto schneller kommen Medikamente finden heute eher Scham als Schuld.
zum Einsatz.
Als die klassische Psychotherapie
Schuld hat mit Vorstellungen von Gut in die Kritik geriet, setzte man auf
und Böse zu tun, mit dem Zuwider- Verhaltenstherapie und
handeln gegen Gewissen und Moral. In die Er gebnisse der Hirnforschung.
der heutigen Gesellschaft steht das In- Stimmt der Eindruck, dass der
dividuum im Zentrum, die Selbst- Trend wieder etwas zurückgeht?
verwirklichung wird zum Gebot. Jeder Die Einsicht hat sich durchgesetzt, dass versucht, sich zu verwirklichen. Wer das sich eine schwere Depression nicht mit nicht schafft, empfindet sich als Ver- Anleitungen zum positiven Denken be- sager. Das löst eine Kränkung aus und handeln lässt. Es braucht eine thera- dann das Gefühl von Scham.
peutische Beziehung. Nur wer mich liebt, hat Max Frisch einmal gesagt, darf Stimmt es, dass es immer mehr
mich beurteilen. Wer einem Patienten depressive Menschen gibt?
nicht das Gefühl vermitteln kann, ihn Es werden immer mehr Menschen we- «Ich bin dagegen, dass man jedes Leiden für krank erklärt», sagt Daniel Hell. Foto: Doris Fanconi mit seiner Depression anzunehmen, gen Depressionen behandelt. Das hat da- wird wenig ausrichten können.
mit zu tun, dass wir immer älter werden studieren und arbeiten, das Internet fühlen. Für Depressive ist die heutige und alte Menschen oft vereinsamen. Es Daniel Hell
vernetzt uns, auch das Reisen beschleu- Gesellschaft besonders schwer zu ertra- Man spricht oft vom hilflosen Helfer.
hängt auch damit zusammen, dass man Zürcher Psychiater nigt sich. Das klingt zunächst einmal gen. Sie fühlen sich grau und leer, wäh- Sind Ärzte und Therapeuten
diese psychische Erkrankung heute eher aufregend. Nur steigen damit die An- rend um sie herum alles bunt wirkt, besonders depressionsgefährdet?
akzeptiert als früher. Trotzdem wird von Daniel Hell war bis 2009 Direktor der forderungen, jederzeit für alles bereit zu schnell und laut. Das ist auch der Grund, Manche kennen depressive Verstimmun- depressiven Menschen erwartet, bald- Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich und sein. Die einen nehmen Pillen, andere warum manche Depressive im Frühling gen aus eigener Erfahrung. Ich halte das möglichst wieder in der Familie und bei Ordentlicher Professor für Klinische Psychiat- er leiden eine Depression, wieder an- oder in den Ferien besonders bedrückt aber nicht für etwas Schlechtes.
der Arbeit zu funktionieren. Damit steigt rie der Universität Zürich. Heute leitet er das dere arbeiten bis zur Erschöpfung, vor wirken. Weil ihre Niedergeschlagenheit der Behandlungsdruck weiter.
Kompetenzzentrum «Depression und Angst» allem Männer. Sie alle können mit den so gar nicht in die Umgebung passt. Die C. G. Jung sagte einmal, ein
an der Privatklinik Hohenegg in Meilen. Er hat Er wartungen, die sie an sich selber Depression fühlt sich an wie ein dauern- Therapeut sollte so gesund wie nötig
Die Globalisierung verlangt nach
sich wissenschaftlich vor allem mit Depressio- stellen, schlecht umgehen.
des Gebremstsein; man möchte voran- und so krank wie möglich sein.
flexiblen Bürgern. Flexibel heisst,
nen und anderen emotionalen Problemen kommen, aber alles ist verlangsamt, wie Ein Arzt muss etwas von Medizin verste- sich an wechselnde Anforderungen
beschäftigt. Diese lassen sich seiner Erfah- Der Druck kommt also nicht nur
in Zeitlupe.
hen, aber vor allem muss er menschlich rasch anzupassen. Das geht nicht
rung nach nur verstehen, wenn therapeuti- von aussen.
sein und sich einfühlen können. mehr ohne Chemie: Kinder
sche Erfahrung und neurowissenschaftliche Er ergibt sich aus dem gesellschaftlichen Von allen Berufsgruppen leiden
bekommen Ritalin, Studenten
Erkenntnisse gleichermassen genutzt werden.
Trend zur Selbstverwirklichung, die Künstlerinnen und Künstler am
Kann man sich vor allem Leiden
dopen sich, der Verkauf von
zugleich eine Forderung ist: noch besser häufigsten unter Depressionen:
Schlafmitteln explodiert, in den USA
Im Dezember erscheint Daniel Hells neustes zu arbeiten, noch toller auszusehen, Schauspieler, Regisseure, Maler,
Die WHO definiert Gesundheit als das spricht man von Prozac-Gesellschaft.
Buch: Depression als Störung des noch mehr Freunde zu haben und so Schriftsteller sowieso und ganz
völlige körperliche, geistige und soziale Die Arbeit bringt zwar mehr Abwechs- Gleichgewichts. Kohlhammer, Stuttgart 2011. weiter. Wer diesem Druck nicht wider- besonders Komiker. Wie lässt sich
Wohlbefinden. Ich bin dagegen, dass lung als früher, man kann im Ausland 200 S., ca. 53 Fr. stehen kann, wird sich bald überfordert das erklären?
man jedes Leiden für krank erklärt.

Source: http://www.hohenegg.ch/file_uploads/news/107_11_1_111105_DepressionenvermittelnhufigeineBotschaft.pdf

nuxeo.edel.univ-poitiers.fr

Université de Poitiers Faculté de Médecine et Pharmacie ANNEE 2013 Thèse n° POUR LE DIPLOME D'ETAT DE DOCTEUR EN MEDECINE (décret du 16 janvier 2004) présentée et soutenue publiquement le 2 juillet 2013 à Poitiers par Monsieur Paul LOUMAIGNE

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Informationen aus der Spitex Niesen Informationen aus der Spitex Niesen Informationen aus der Spitex Niesen Strategieworkshop vom Mittwoch, 8. Juni 2016 Tendenzen und Der Vorstand der Spitex und die Geschäftsleitung haben sich am Mittwoch 8. Juni 2016 zu einem Veränderungen Strategieworkshop getroffen. Ziel war erkennen. 